Behinderteneinstellungsgesetz

Behinderteneinstellungsgesetz

Einstellung nach dem Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG)

Nach letzten Erhebungen der Statistik Austria leben 18,4% der österreichischen Bevölkerung mit einer dauerhaften Beeinträchtigung, die für den Alltag und für das Arbeitsleben erhebliche Hindernisse mit sich bringt. Mit dieser arbeitsmarktpolitischen Maßnahme sollen Menschen mit Behinderung in der Arbeitswelt unterstützt und die Barrierefreiheit weiter ausgebaut werden.

Was bedeutet das für Unternehmen?

Eine Behinderung liegt laut Behinderteneinstellungsgesetz dann vor, wenn eine körperliche, geistige oder psychische Funktionsbeeinträchtigung oder eine Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren. Allerdings nur dann, wenn die Beeinträchtigung nicht nur vorübergehend ist, sondern von einem Zeitraum von mehr als sechs Monaten ausgegangen wird. Neben der Beschäftigungspflicht sieht das Behinderteneinstellungsgesetz auch einen erhöhten Kündigungsschutz für Menschen mit Behinderung vor.

Zunächst ist es wichtig zu wissen, dass Beschäftigungspflicht und erhöhter Kündigungsschutz nur dann in Kraft treten, wenn der Arbeitnehmer als begünstigter Behinderter gilt. Es reicht somit nicht, eine Behinderung im Sinne des Gesetzes zu haben. Zusätzlich muss der Status als begünstigter Behinderter mittels Bescheid des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen festgestellt werden.

Damit das Bundessozialamt einen Feststellungsbescheid erlässt, muss ein Behinderungsgrad von mindestens 50 % festgestellt werden. Zudem muss die betreffende Person österreichischer Staatsbürger, Bürger der EU oder des Europäischen Wirtschaftsraumes, Schweizer Staatsbürger, anerkannter Flüchtling oder Drittstaatenangehöriger mit Daueraufenthaltsrecht sein. Auch muss eine Integration in den Arbeitsmarkt möglich sein. Der Bescheid bleibt in der Regel das gesamte Berufsleben gültig, der begünstigte Behinderte kann nach dem Feststellungsbescheid nicht mehr auf den Status verzichten.

Der Dienstgeber wird bei der Einstellung eines begünstigten behinderten Arbeitnehmers von den Lohnnebenkosten in der Höhe von 7,5 % (Dienstgeberbeitrag, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag, Kommunalsteuer sowie U-Bahn Steuer) befreit. Bei Einstellung eines begünstigten behinderten Menschen als Lehrling hat der Arbeitgeber Anspruch auf eine Prämie, deren Gewährung jährlich im Nachhinein erfolgt.

Das Behinderteneinstellungsgesetz basiert auf dem Vorliegen einer Beschäftigung im Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt. Da ein solches (sozialversicherungsrechtliches) Dienstverhältnis bei wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführern nicht vorliegt, zählen solche Personen nicht zu den Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes.

Dem Arbeitgeber entstehen aus dem Behinderteneinstellungsgesetz aber auch Pflichten. Diese Pflichten werden in den nächsten Absätzen kurz erläutert.

Beschäftigungspflicht

Alle Dienstgeber, die in Österreich 25 oder mehr Dienstnehmer beschäftigen, sind verpflichtet, auf je 25 Dienstnehmer mindestens einen begünstigten Behinderten einzustellen. Dienstnehmer im Sinne der Berechnung der Pflichtzahl sind Personen:

  1. die in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt werden
  2. Personen, die zum Zwecke einer Ausbildung beschäftigt sind
  3. Heimarbeiter

Teilzeitbeschäftigte Dienstnehmer sind nicht ebenfalls bei der Berechnung der Pflichtzahl einzubeziehen und werden – wenn es sich um begünstigte Behinderte handelt – auch auf die Erfüllung der Beschäftigungspflicht berücksichtigt.  Auch fallweise beschäftigte Personen sind bei der Berechnung der Pflichtzahl zu berücksichtigen, wobei diese ebenso wie geringfügig Beschäftigte oder Teilzeitbeschäftigte voll und nicht nach dem jeweiligen Beschäftigungsausmaß einzurechnen sind. Von der Berechnung ausgenommen sind Lehrlinge und freie Dienstnehmer.

Die Pflichtzahl ist um die beschäftigten Behinderten, die Inhaber einer Amtsbescheinigung oder eines Opferausweises sowie um Dienstgeber, die selbst begünstigte Behinderte sind, zu verringern. Auf die Pflichtzahl doppelt angerechnet werden:

  • blinde Personen
  • begünstigte Behinderte vor Vollendung des 19. Lebensjahrs,
  • begünstigte Behinderte nach Vollendung des 50. Lebensjahrs, sofern ihre Behinderung mindestens 70 % beträgt,
  • begünstigte Behinderte nach Vollendung des 55. Lebensjahres,
  • begünstigte Behinderte, die überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhls angewiesen sind,
  • Inhaber einer Amtsbescheinigung oder eines Opferausweises vor Vollendung des 19. und nach Vollendung des 55. Lebensjahres

Eine Anrechnung auf die Pflichtzahl findet auch dann statt, wenn der begünstigte Behinderte sich in Karenz oder im Krankenstand befindet und aus diesem Grund keinen Entgeltanspruch gegenüber dem Dienstgeber hat.

Ausgleichstaxe

Wird die Beschäftigungspflicht nicht erfüllt, wird vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen die Entrichtung einer Ausgleichstaxe alljährlich für das jeweils abgelaufene Kalenderjahr vorgeschrieben. Die Ausgleichstaxe richtet sich nach der gesamten Anzahl der Dienstnehmer und der darin fehlenden begünstigten Personen. Je mehr Dienstnehmer beschäftigt sind, desto höher wird die Ausgleichstaxe je Person.

Für die Grenze bezüglich der Betriebsgröße ist immer der Mitarbeiterstand am Ersten eines Kalendermonats entscheidend.

Die Ausgleichstaxe wird nach Ablauf von vier Wochen, gerechnet vom Eintritt der Rechtskraft des Bescheids, mit dem die Ausgleichstaxe vorgeschrieben wurde, fällig. Wird die Ausgleichstaxe nicht bis zum Fälligkeitstag eingezahlt, so sind ab dem darauf folgenden Kalendertag Zinsen in der Höhe von 4 % pro Jahr an den Ausgleichstaxfonds (ATF) zu entrichten.

Diskriminierungsverbot

Grundsätzlich darf niemand aufgrund einer Behinderung im Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis unmittelbar (direkt) oder mittelbar (indirekt) diskriminiert werden. Das Diskriminierungsverbot gilt insbesondere bei:

  • Begründung des Dienstverhältnisses (Bewerbung, Einstellung)
  • Festsetzung des Entgelts bzw. Lohns
  • Gewährung freiwilliger Sozialleistungen
  • Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung sowie der Umschulung
  • beruflichem Aufstieg und bei Beförderungen
  • sonstigen Arbeitsbedingungen
  • Mitgliedschaft und Mitwirkung in einer Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberorganisation
  • Mitgliedschaft einer Organisation, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören
  • Zugang zur selbstständigen Erwerbstätigkeit
  • Beendigung des Dienstverhältnisses

Besonderer Kündigungsschutz

Das Behinderteneinstellungsgesetz sieht neben der Beschäftigungspflicht auch einen erhöhten Kündigungsschutz für Menschen mit Behinderung vor. So kann das Dienstverhältnis eines begünstigten Behinderten nur gekündigt werden, wenn mindestens vier Wochen Kündigungsfrist eingehalten werden und der Behindertenausschuss, der bei den Landesstellen des Sozialministeriumservice eingerichtet ist, zustimmt. Die Zustimmung kann in besonderen Ausnahmefällen auch nachträglich erfolgen, ohne Zustimmung ist jedoch jede Kündigung unwirksam.

Für neue, nach dem 1. Jänner 2011 geschlossene, Dienstverhältnisse wird der besondere Kündigungsschutz erst nach dem Ablauf von vier Jahren wirksam, wenn die Behinderteneigenschaft bereits bei Beginn des Dienstverhältnisses vorliegt. Bestehende Dienstverhältnisse sind davon nicht betroffen. Wird die Behinderteneigenschaft erst nach Beginn des Dienstverhältnisses festgestellt, tritt eine der folgenden beiden Situationen ein.

Bei der ersten Situation ist der Kündigungsschutz bereits innerhalb von sechs Monaten ab dem Eintritt möglich, wenn die Feststellung der begünstigten Behinderteneigenschaft innerhalb dieser sechs Monate als Folge eines Arbeits- oder Wegunfalls oder ein Arbeitsplatzwechsel innerhalb eines Konzerns erfolgt. Ansonsten ist der Kündigungsschutz erst nach sechs Monaten ab dem Eintritt möglich, jedoch vor Ablauf der vier Jahre, wenn die Feststellung der begünstigten Behinderteneigenschaft innerhalb der vier Jahre als Folge einer Krankheit bzw. eines Unglückfalls erfolgt.

Besonderer Entlassungsschutz

Das Behinderteneinstellungsgesetz sieht für begünstigte Behinderte keinen besonderen Entlassungsschutz vor. Eine unbegründete Entlassung löst das Dienstverhältnis aber nicht auf, weil dadurch der besondere Kündigungsschutz umgangen werden könnte. Der unbegründet und somit unwirksam entlassene Behinderte hat allerdings die Wahl, entweder die Fortsetzung des Dienstverhältnisses zu begehren oder dessen Auflösung zu akzeptieren und seine Entgeltansprüche aus der unbegründeten Entlassung geltend zu machen.

Ein begünstigter Behinderter darf aufgrund seiner mangelnden Leistungsfähigkeit nur dann entlassen werden, wenn er am allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr arbeitsfähig ist. Eine Entlassung ist nicht gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen seiner arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung oder trotz seiner Zustimmung an einem anderen geeigneten Arbeitsplatz im Betrieb des Arbeitgebers ohne erhebliche Schaden nicht weiter beschäftigt werden kann. Der Arbeitgeber hat in einem solchen Fall nur die Möglichkeit, die Kündigung des begünstigten Behinderten nach Zustimmung des Behindertenausschusses auszusprechen.

Verschweigen der Behinderteneigenschaft

Obwohl das Behinderteneinstellungsgesetz keine ausdrückliche Pflicht des Dienstnehmers vorsieht, dem Dienstgeber den Behindertenstatus bekannt zu geben, bejaht die Rechtsprechung eine grundsätzliche Mitteilungspflicht des Dienstnehmers. Die Verpflichtung zur Mitteilung der Behinderteneigenschaft besteht immer dann, wenn die Behinderteneigenschaft infolge besonderer gesetzlicher Regelungen unmittelbaren Einfluss auf die Gestaltung des Dienstverhältnisses hat, wie etwa bei einem im Kollektivvertag vorgesehenen Zusatzurlaub.

Verschweigt der Arbeitnehmer seine Krankheit, um sich Lohnfortzahlung und Sozialleistungen zu sichern, hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, ihn wegen Vertrauensunwürdigkeit zu entlassen. Eine Verletzung der Meldepflicht des Dienstnehmers kann allerdings keinen Schadenersatzanspruch des Dienstgebers wegen entgangener Förderung oder steuerlicher Begünstigungen begründen.

Probezeit

Ein Probedienstverhältnis mit einem begünstigten behinderten Dienstnehmer gilt keinesfalls von Gesetzes wegen, sondern muss entweder vereinbart werden oder gilt aufgrund kollektivvertraglicher Bestimmung. Hierbei kann der Kollektivvertrag bei Arbeitern auch eine kürzere, allerdings keine längere Probezeit als einen Monat (Höchstgrenze) vorsehen. Ein auf Probe vereinbartes Dienstverhältnis kann grundsätzlich während des ersten Monats von beiden Teilen jederzeit gelöst werden.

 

Mit diesen Informationen sind Sie gut gerüstet um festzustellen, ob Sie in Ihrem Unternehmen begünstigte Personen gemäß dem Behinderteneinstellungsgesetz anstellen müssen und worauf Sie achten sollten.

 

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